Working Girl (1988)

In „Working Girl“ geht es in erster Linie um Klassenzugehörigkeit – und um die Privilegien, die manchen bereits in die Wiege gelegt wurden.

Tess McGill (Melanie Griffith) auf der Staten Island Ferry, auf dem Weg zur Wall Street. (c) Twentieth Century Fox.

Melanie Griffith ist der Inbegriff des Working Girls im titelgebenden Working Girl – Die Waffen der Frauen (1988) – eine Ikone der 1980er. Durch Herkunft, Familie, Freund und Wohnsitz[1] förmlich zu Boden gedrückt, versucht sie doch, sich den Weg nach oben zu erkämpfen.

Tess McGill liest Zeitung (und People-Magazine, etwa The New York Post, was sich noch als entscheidend herausstellen wird), besucht Abendkurse, verwandelt sich auf der morgendlichen Fährfahrt von der Kleinstadt-Pomeranze zur taffen Wall-Street-Sekretärin, und ihre Turnschuhe für den Arbeitsweg tauscht sie gegen Highheels im Büro. Trotz aller Anstrengungen geht ihre Karriere jedoch nur seitwärts: von einem Cubicle zum nächsten, von einem anzüglichen Chef/Kollegen zum nächsten. Bis sie bei Katharine Parker (Sigourney Weaver als Biest) landet, die anders zu sein scheint. Aber auch Frauen in Führungspositionen können Nieten in Nadelstreifen sein. Katharine Parker gibt vor, auf der Beziehungsebene an ihrer Untergebenen interessiert und eine gute Chefin zu sein. Die falsche Schlange klaut dann aber – karrieregeil, wie sie ist – eine Idee, die Tess ihr vertrauensvoll angetragen hat (Ideenklau).

Blick von der Staten Island Ferry: Fährverkehr in der Upper New York Bay ((c)Kevin Pieter Huthmann)

Blick von der Staten Island Ferry: Fährverkehr in der Upper New York Bay ((c)Kevin Pieter Huthmann)

Durch einen Unfall und Beinbruch ausgebremst, kann Ms. Parker Tess aber nicht daran hindern, eine andere Persona anzunehmen inklusive distinguierter Föhnfrisur, Designerklamotten ihrer Chefin und einer von dieser entlehnten Sprechweise – und auf diese Weise ihre Idee selbst zum Leben zu bringen und einen Wall-Street-Deal zu lancieren. Dass Tess es als Chefin anders halten wird als ihre vorherigen Bosse, zeigt sich in der vorletzten Szene des Films, in der sie nun endlich auf der anderen Seite des Schreibtischs angekommen ist. Zu ihrer neuen Sekretärin sagt sie: „Bitte nennen Sie mich Tess. Ich erwarte nicht, dass Sie mir Kaffee bringen, außer, wenn Sie sich gerade selbst einen holen. Und der Rest wird sich zeigen.“

Tess McGill ist nicht einfach ein Jungspund, frisch von der Uni oder der Business School, wie in vielen anderen Filmen nach dem Wall-Street-Muster. Tess kommt vom anderen Ende der  Straße, von wo normalerweise kaum ein Weg ins Fensterbüro in einem Konzern führt. Dein Rock ist zu kurz? Deine Haare zu wild? Dein Make-up zu grell? Deine Stimme zu hoch? Dann vergiss es, hat sie gelernt. Aber damit findet sie sich nicht ab. Working Girl ist das role-model für all jene, die nicht mit dem Silberlöffel im Mündchen geboren wurden, deren Eltern ihnen keinen Platz an der Sonne reserviert haben und deren Umfeld vor allem auch nicht versteht, warum man/frau mehr wollen könnte als ein kuscheliges Heim und eine Ehe. Die in die Wiege gelegten Privilegien, die zu einem (geld-)sorgenfreien Studium an einer Eliteuniversität führten, findet eine Katharine Parker ganz selbstverständlich. Sie meint, sie habe auf alles ein Anrecht und sie habe sich das Erreichte selbst hart erarbeitet.[2] Diese Privilegien nicht zu haben, ist sich Tess sehr bewusst – und mit ihr die Zuschauer*innen, die sich in ihr wiedererkennen. Findet sich eigentlich auch jemand in Katharine Parker wieder?[3]


Best Practice: Wie sind Sie darauf gekommen?

Klimax des Films ist die Szene, in der Wirtschaftsmogul Oren Trask in einem Elevator Pitch[4] aufzuklären versucht, woher die Idee für die Fusion kam, von der Tess McGill ihn (zusammen mit Jack Trainer) überzeugen will, und die ihre Chefin Katharine Parker als ihre eigene ausgibt. Wie Tess in diesem Moment glaubhaft erläutert, hatte sie einen Geistesblitz: Beim Lesen der Society-Seiten, wo sie ein paar Verbindungen herstellte, die man an keiner Business School lernt. „Ich lese viele verschiedene Sachen. Man weiß nie, woher eine große Idee kommt.“ („I read a lot of things. You never know where the big ideas could come from.”) Eine gute Maxime für alle, die kreative Einfälle haben und innovative Ideen durchbringen wollen, und die dabei nicht in Tess‘ Ausgangssituation geraten möchten.

Und wie sind Sie darauf gekommen? Oren Trusk grillt jetzt Katharine Parker. Überzeugt sie ihn? (c) Twentieth Century Fox.

Für wen?

  • Assistent*innen;
  • Frauen, die Karriere machen wollen;
  • Führungskräfte (w/m/d) und solche, die es werden wollen;
  • Menschen, die als Berater*innen überzeugen möchten;
  • Menschen, die sich wegen ihrer Herkunft sehr unsicher bzgl. ihres Berufs, ihrer Stellung und ihres Anspruch sind;
  • Menschen, die sich wegen ihrer Herkunft sehr sicher bzgl. ihres Berufs, ihrer Stellung und ihres Anspruch sind.

Tipp: Die Magical History Tour

Im Berliner Kino Arsenal erlebte der Film im April 2019 eine Wiederaufführung: In der Reihe Magical History Tour ging es thematisch um Kleider in Bewegung – Kostüme, Stile und Mode im Film, was man an Tess‘ Metamorphose in der äußeren Erscheinung wie ihrer Stimme sehr gut nachvollziehen kann.


Working Girl (Die Waffen der Frauen). USA, 1988. Regie: Mike Nichols. Buch: Kevin Wade.

Der Vorspann von „Working Girl“: Die Staten Island Ferry auf ihrem Weg nach Manhattan, die Skyline mit den Twin Towers – zu Carly Simons oscarprämiertem Titelsong „Let the river run“.


[1] Staten Island, der 5. Borough von New York City, das mit einer kostenlosen Fähre mit Manhattan und seiner Wall Street verbunden ist. Wie sich auf dieser Fähre die Kleinstadtfrauen bis heute jeden Morgen in Working Girls verwandeln, die Manhattan erobern, fängt der oscarnominierte Dokufilm „Ferry Tales“ (2003) von Katja Esson ein.

[2] Einige schlaue Gedanken und weiterführende Links zum Thema Privilegien und der Haltung, es sich selbst verdient zu haben, hier: https://www.bueronymus.de/privilegien-checken/ (abgerufen 25.12.2018)

[3] Zur Chefrolle von Katharine Parker siehe hier.

[4] Lustigerweise findet hier der Pitch tatsächlich in einem Elevator, in einem Aufzug statt. Mit der Übung elevator pitch sollen sonst in der Tat Entrepreneure und solche, die es werden wollen, ihre Kern-Business-Story, ihr Alleinstellungsmerkmal, ihre durchschlagende Idee für ihr Gegenüber so kurz fassen, dass jeder es versteht und im besten Falle natürlich überzeugt ist. Dauer: So kurz wie eine Aufzugfahrt dauert.

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